Saturday, May 27, 2006

zwischen zwei welten

es wird ja nun wirklich zeit, dass ich mal was über mein leben hier in münchen berichte. letztlich gibt es ja doch irgendwie nur drei zustände, in denen ich mich befinde: entweder arbeite ich oder ich schlafe oder ich bin betrunken. zumindest war es bislang so.
münchen ist schön. es ist sauber, aufgeräumt, die u-bahnen kommen pünktlich, es wird nicht geschoben, gedrängelt, gepöbelt.
münchen ist klein. von dort wo ich wohne (ziemlich weit im westen) bis dahin wo ich arbeite (ziemlich weit im osten) dauert es 17 minuten mit der u-bahn und nochmal fünf minuten mit dem bus. und dann hat man auch schon einmal die stadt durchquert. in berlin kommt man in 15 minuten gerade einmal vom prenzlauer berg in den friedrichshain (gemessen an der strecke der tram M10 von der haltestelle winsstraße bis zur warschauer straße).
münchen ist freundlich. "grüß gott" ist den meisten hier angeboren und fast per knopfdruck abrufbar. auch busfahrer grüßen und sind gut gelaunt, zumindest ringen sie sich ein lächeln ab. und auch angesprochen wird man sehr häufig. die leute kümmern sich. ob aus reiner neugier oder aus wirklichem interesse kann ich nicht sagen. zumindest habe ich mich in den zwei monaten hier mit vermutlich so vielen fremden menschen unterhalten, wie in meinen mittlerweile über sechs jahren berlin nicht.
münchen ist oberflächlich. schick, schicker, münchen. kein D&G-armband, keine gucci-sonnenbrille, kein louis vuitton-täschchen kann größer, schwärzer, auffälliger sein als hier. man achtet auf sich, aber manchen möchte man doch den blick in den spiegel und das urteil eines wirklich objektiven menschen empfehlen, denn die meisten, seien wir doch mal ehrlich, sehen wirklich verboten aus. was in berlin mitte, ist in münchen schwabing. in-szene, hippes viertel, teure boutiquen. ich ließ mir sagen, dass nur das glockenbachviertel, heimat unzähliger regenbogenbeflaggten amüsieretablissements, eine beliebtere wohngegend sei als schwabing.
münchen ist nicht zuhause. g'scheite biergärten fehlen in berlin, das gebe ich zu. und großes bier. und vielleicht auch die trachten und ein wenig die bayerische gemütlichkeit. aber das war es dann auch schon. auch wenn mich vor wenigen tagen, als ich erstmals wieder in die hauptstadt reiste, ein schock ereilte, als ich die zerkratzten fenster der einfahrenden s-bahn sah, gewöhnte ich mich doch schnell wieder an diese komplett andere stadt. ich habe vielleicht gerade kein richtiges zu hause, weil mein zimmer zwischenvermietet ist aber gegen die ost-/west-stadt kommt so schnell nichts an, wie ich wieder einmal feststellen musste. eine "bar gagarin" gibt es bei mir in der rykestraße gegenüber, in münchen sucht man so etwas fast vergebens.
und dann ist da noch was. ohne franziska wäre ich hier wohl verloren. kontakte knüpft man schnell, doch dann macht einem die oberflächlichkeit alles schnell zunichte. die menschen, die ich bei der arbeit besonders mag, kommen komischerweise aus berlin. oder aus dem osten, wie dirk nämlich, der aus dresden stammt und bei dem man seinen sächsischen dialekt heraushört, wenn er sich aufregt oder besonders locker daherplaudert.

es wird immer einen ewigen vergleich zwischen berlin und einer stadt x geben, wie bei einer großen liebe, die man mit dem neuen vergleichen muss; unweigerlich passiert das, man kann gar nichts dagegen machen. und eigentlich hat der herausforderer schon vor beginn des kampfes verloren. ungerecht. aber so ist es nun mal. und in remineszenz an rainald grebe & die kapelle der versöhnung möchte ich zitieren: "berlin! halleluja berlin! alle wollen dahin! und ich will das auch!"

ich denke, ich bin bald zurück.